Andrea Brauer* ist 72 Jahre alt und lebt seit dreissig Jahren mit Multipler Sklerose. Sie plant ihre Tage sorgfältig und hat gelernt, mit ihren Kräften zu haushalten. Seit fünfzehn Jahren wird sie im Alltag von Spitex Zürich unterstützt. «Dank der Spitex kann ich selbstständig bleiben. Ich weiss, dass ich mich auf die Mitarbeitenden verlassen kann. Das gibt mir Sicherheit. Und ich habe mehr Energie für die schönen Dinge, gerade auch an Weihnachten.»
Zu den schönen Dingen gehören für Andrea Brauer kleine Rituale. Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner gestaltet sie die Festtage so, wie es ihnen guttut. Ohne Stress, aber mit viel Herz. «Wenn wir zu zweit sind, machen wir ein Käsefondue und hören Rockmusik. Wenn unsere Freunde kommen, gibt es Raclette. Hauptsache, wir sind zusammen. Wir schenken uns nichts Grosses, das Zusammensein ist Geschenk genug.»
Weihnachten ist für Andrea Brauer auch eine Zeit der Dankbarkeit. «Ich bin froh über das, was ich habe: Ein Zuhause, in dem ich mich wohlfühle, und Menschen, die mich mögen und unterstützen.»
Einer dieser Menschen ist Ana Machado. Sie arbeitet im Home & Care Team von Spitex Zürich und kommt einmal pro Woche, um Andrea Brauer im Haushalt zu helfen. «Ich arbeite gern mit älteren Menschen», sagt sie. «Ich verstehe, wie sie sich fühlen, wenn sie manchmal allein sind. Denn ich habe viele Jahre mit meiner Grossmutter zusammengelebt. Im Alter ist es besonders wichtig, wenn jemand da ist.»
In der Adventszeit spürt Ana Machado besonders deutlich, wie wichtig ihre Arbeit ist. Für viele Kundinnen und Kunden bedeutet Weihnachten Tradition, der Duft nach Guetsli und das Zusammensein mit Familie oder Freunden. «Beim Gespräch kommen oft alte Geschichten hoch. Manche haben keine Familie mehr, die in der Nähe wohnt. Dann sind wir von Spitex Zürich da.»
Für Ana Machado bedeutet Weihnachten vor allem das Zusammensein mit ihrer Familie. «Wir sind dann rund zwanzig Personen», sagt sie. «Traditionell gibt es Bacalhau, ein portugiesisches Fischgericht, das ich zusammen mit meiner Schwägerin zubereite.» Der Weihnachtsbaum ist stets gross, am liebsten mag sie grünen und roten Baumschmuck. Ihre beiden Kinder wünschen sich Spielsachen. Letztes Jahr schenkte ihr Mann ihr ein Parfüm. «Den Duft mag ich sehr.»

Bei Andrea Brauer gab es früher auch einen Weihnachtsbaum, allerdings einen kleinen. «Wegen der Katzen war er aus Kunststoff.» Ihre beiden Katzen hätten einen ausgeprägten Spieltrieb gehabt. Andrea Brauer hat immer genau zugeschaut, wie und womit die Katzen gerne spielten. Die Beobachtungen haben ihre Fantasie und Kreativität angeregt. Als Tochter kreativer Eltern und als Schmuckgestalterin mit eigenem Atelier wusste sie, wie man mit Materialien umgeht. Sie begann, Katzenspielzeug zu entwerfen und herzustellen. Und weil ihre Nachbarn und der Freundeskreis immer öfter nach den Produkten fragten, begann sie einen Webshop für Katzenspielsachen aufzubauen. Doch Ende Jahr ist damit Schluss. «Es wird mir gesundheitlich zu viel.»
Sie wird sich dann auf ihren Balkon konzentrieren. Er ist selbst am trüben Wintertag ein kleines Paradies: Verschiedene Vogelarten finden hier Futter, das Andrea Brauer bereithält. Es ist ein flatterndes Kommen und Gehen. Rotkelchen brauchen ein eigenes Geschirr, weiss Andrea Brauer. Und im Frühling sät sie in ihre unzähligen Töpfe Gräser und Blumen: «Ich mag Wildmischungen.»
Heisse Sommertage mag Andrea Brauer weniger. «Wie fast alle mit Multipler Sklerose leide ich dann am Uhthoff-Syndrom, das die Funktion des zentralen Nervensystems vorübergehend verschlechtert. Und unter Fatigue, einer extremen Erschöpfung.» Es fühle sich an, als seien die Batterien leer. «Ich sehe, dass ich das Geschirr abwaschen muss. Ich will es machen, aber es geht nicht.» Inzwischen hat sie den Umgang mit dieser Einschränkung gelernt und kann sie annehmen. Sie weiss, dass wieder bessere – häufig kühlere – Tage kommen. In solchen Momenten ist sie froh um Unterstützung. Und dankbar, wenn Ana Machado, die Pflegehelferin von Spitex Zürich, vorbeikommt.
Ana Machado sagt: «In Portugal, wo ich herkomme, gibt es keine Spitex. Viele ältere Menschen sind auf sich allein gestellt. In der Schweiz können sie zu Hause bleiben. Das ist etwas Besonderes.» Sie arbeitet siebzig Prozent bei Spitex Zürich. An manchen Tagen besucht sie drei Kundinnen und Kunden, an anderen fünf. «Jeder Mensch ist anders, alle haben ihre eigene Geschichte. Aber eines
ist gleich: Ein kurzes Gespräch und ein Lächeln können den Tag verändern.»
Welchen Weihnachtswunsch hat Andrea Brauer? «Noch einmal eine Safari machen», sagt sie mit leuchtenden Augen. «Aber das ist nicht mehr möglich.» Dann lächelt sie: «Zum Glück habe ich von all unseren Reisen ein Fotobuch gemacht. So kann ich mit meinem Lebenspartner all die Tiere immer wieder anschauen. Und die Erinnerungen bleiben wach.»
Home & Care bei Spitex Zürich
Die Mitarbeitenden im Hauptgeschäftsfeld Home & Care unterstützen und entlasten im Haushalt: Wohnung und Wäsche reinigen, Einkäufe erledigen und beim Zubereiten von Essen helfen. Die Kundinnen und Kunden werden nach deren Möglichkeit in diese Arbeiten einbezogen, um so die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten.
* Name geändert