Stürze vermeiden: Dies ist das Ziel von StoppSturz. Die Zahl der Sturzereignisse nimmt im Alter zu und Stürze können schwerwiegende Folgen haben. Das StoppSturz Vorgehen für die Spitex befähigt Mitarbeitende, Personen mit einem Sturzrisiko zu erkennen, abzuklären sowie bedarfsgerecht zu unterstützen und zu beraten.
Seit 2021 setzt Spitex Zürich das interprofessionelle und überkantonale Projekt StoppSturz um. Die Umsetzung wird von der Universität Basel vom Institut für Pharmazeutische Medizin (ECPM) wissenschaftlich begleitet.
Risiko erkennen (Screening)
Mit Hilfe von drei Alarmzeichen: 1. Drei Alarmfragen | 2. CAP Stürze - Clinical Assessment Protocols | 3. Sturzereignis, identifizieren die Spitex Mitarbeitenden über 65-jährige Kundinnen und Kunden mit einem Sturzrisiko. Wenn die Kundinnen und Kunden eine der drei Alarmfragen: 1. Sind Sie in den letzten 12 Monaten gestürzt? | 2. Fühlen Sie sich unsicher beim Stehen oder Gehen? | 3. Haben Sie Angst zu stürzen?, mit JA beantworten oder CAP Stürze aus dem Spitex Assessmentinstrument interRAI Home Care erscheint oder ein aktuelles Sturzereignis stattgefunden hat, gilt die Person als sturzgefährdet. Werden die Alarmfragen durch die Kundinnen und Kunden mit NEIN beantwortet und können keine Alarmzeichen durch die Spitex Mitarbeitenden festgestellt werden, wird die Person automatisch in ein geringes Sturzrisiko eingestuft.
Bei Kundinnen und Kunden, die als sturzgefährdet identifiziert wurden, führen die Fallführenden Pflegefachpersonen eine zusätzliche Sturzrisikoeinschätzung unter Berücksichtigung des klinischen Bildes und der eigenen klinischen-pflegerischen Erfahrung durch. Die Sturzrisikoeinschätzung führt zu einer Einteilung des Sturzrisikos im Ampelsystem (grün = geringes Sturzrisiko, orange = moderates Sturzrisiko, rot = hohes Sturzrisiko).
Risiko abklären
Bei einem geringen Sturzrisiko wird die Fallführende Pflegefachperson gemäss StoppSturz Vorgehen eine Beratung der Kundinnen und Kunden zu lokalen sturzpräventiven Bewegungsangeboten und weiteren Informationen empfohlen.
Bei einem moderaten Sturzrisiko wird die Fallführende Pflegefachperson vom StoppSturz Vorgehen dazu aufgefordert, bei der sturzgefährdeten Person eine Sturzanamnese zu erheben. In dieser können die Sturzursache und individuelle Sturzrisikofaktoren wie z.B. Polypharmazie, ein unsicherer Gang oder Sturzangst identifiziert werden und angepasste Massnahmen durch das Spitex Team ergriffen werden.
Bei einem hohen Sturzrisiko wird zusätzlich zur Sturzanamnese ein Multifaktorielles Assessment durch die Fallführende Pflegefachperson durchgeführt. Mit Hilfe der in der Sturzanamnese identifizierten Sturzrisikofaktoren werden im multifaktoriellen Assessment umfassende Fokusassessments und angepasste Massnahmen abgeleitet.
Multifaktorielles Assessment
Risiko reduzieren
Für jedes Sturzrisiko (gering, moderat, hoch) gibt es im StoppSturz Vorgehen für die Spitex ganzheitliche Massnahmenpakete. Bei einem geringen Sturzrisiko liegt der Fokus bei der Beratung und Aufklärung über Sturzrisiken und sturzpräventive Massnahmen. Informationsmaterialien zu lokalen sturzpräventiven Bewegungsangeboten und weiterführende Informationen können abgegeben werden und innerhalb eines Beratungsgesprächs mit den Kundinnen und Kunden und ihren An- und Zugehörigen besprochen werden.
Bei einem moderaten und hohen Sturzrisiko wird der Fokus auf Beratung und Unterstützung sowie Adhärenz Förderung gelegt. Massnahmen zeigen sich dann wirksam, wenn diese auch langfristig verfolgt werden können. Deshalb ist es wichtig, die Adhärenz der Kundinnen und Kunden zu stärken. Eine Grundvoraussetzung zur Adhärenz zeigt sich im personenzentrierten Vorgehen und der Stärkung der Selbstbestimmung.
Evaluation
Eine erfolgreiche Umsetzung der Massnahmen bedingt die Überprüfung dieser. Die Evaluation erfolgt deshalb im Rahmen der regelmässig durchgeführten Re-Assessments in der Spitex. Es soll analysiert und beurteilt werden, welchen Erfolg die eingeleiteten Massnahmen hatten und wie wirksam diese waren. Hat sich z.B. die Mobilität der Kundinnen und Kunden durch Einbezug einer Domizil Physiotherapie verbessert oder konnten Folgestürze durch die Anpassung der Wohnumgebung verhindert werden? Ausserdem sollen die drei Alarmfragen den Kundinnen und Kunden erneut gestellt werden, um zu evaluieren, wie das Sturzrisiko sich verändert hat und welcher Handlungsbedarf besteht.
Erfolgsfaktoren für eine effektive Sturzprävention
Die Kundinnen und Kunden zentrierte Beratung und Begleitung steht im Fokus. Die Aktivierung der Lebensfreude und Selbstwirksamkeit zur Stärkung der Lebensqualität der Kundinnen und Kunden ist dabei zentral. Denn nur wenn die Kundinnen und Kunden von Massnahmen überzeugt sind, können sie die damit einhergehenden Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen. Des Weiteren ist es wichtig, die Achtsamkeit der Kundinnen und Kunden zu stärken, aber auch die Verantwortung in Entscheidungsprozessen im Sinne von „Shared Decision Making“ zu fördern. Damit wird die Gesundheitskompetenz der Kundinnen und Kunden gefördert und ihre Adhärenz für Massnahmen erhöht.
Azra Karabegovic, Rachel Jenkins, Franziska Reiser und Esmeralda Latifovic