Sprachbarrieren lustvoll überwinden
Zurück zu Aktuelles

Sprachbarrieren lustvoll überwinden

Die Mitarbeitenden von Spitex Zürich sprechen über 60 Sprachen. Das Überwinden von sprachlichen und kulturellen Barrieren gehört zum Pflegealltag. Im Rahmen der Aktionswoche Patientensicherheit spricht Anestis Pasalidi, Berufsbildner FaGe-Auszubildende und Sprachtalent, was das konkret bedeutet.

Anestis Pasalidi spricht sieben Sprachen fliessend: Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Griechisch und Deutsch. Welche Sprache würde er gerne noch lernen? «Arabisch! Mich reizt die Vorstellung, von rechts nach links zu lesen.» 

Anestis ist das Kind einer italienischen Mutter und eines griechischen Vaters. Mit sieben Jahren ist er in die Schweiz gekommen. Die Schulen, das Reisen und das Leben haben ihm weitere Sprachen nahegebracht. Wann braucht er sein Sprachtalent im Spitex-Alltag? «Täglich. Heute habe ich sieben Kundinnen und Kunden betreut. Bei fünf dieser Einsätze habe ich nicht Deutsch gesprochen, sondern Italienisch.» Er ist an der Langstrasse im Kreis 4 im Einsatz. Hier leben viele Menschen, die in den 50er- und 60er-Jahren in die Schweiz gekommen sind und nie oder nur sehr wenig Deutsch gelernt haben. 

Zitat von Anestis


Bei Spitex Zürich betreut Anestis Pasalidi vier Lernende. Drei haben gerade erst begonnen, Attila ist im dritten Lehrjahr. «Ich bin sehr froh um Attila. Denn er spricht Türkisch, ich hingegen nicht. Im Moment betreuen wir einen Türken, der kein Deutsch versteht. Es ist naheliegend, dass Attila die meisten Einsätze übernimmt, da er ihn weitgehend selbstständig betreuen kann.» 

Bei speziellen medizinischen Fragen oder in komplexen Fällen lassen sich die Fachkompetenzen erfahrener Spitex-Mitarbeitenden nutzen. Dank ihrer Sprachkenntnisse können sie Dolmetscherdienste für ihre Kolleginnen und Kollegen leisten. Diese fragen dann bei den Kundinnen und Kunden gezielt nach, um sich ein vollständiges Bild der Pflegesituation zu machen und über das weitere Vorgehen zu entscheiden. 

Kommen auch digitale Sprachassistenten zum Einsatz? «Wir pflegen Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Niemand von uns kann Ukrainisch oder Russisch. Hier ‹sprechen› wir mit Händen, Füssen, mit Gestik und Mimik und natürlich mit Sprachassistenten», sagt Anestis Pasalidi. «Genügt dies nicht, ziehen wir professionelle Dolmetscher bei. So stellen wir sicher, dass die Betreuung stets respektvoll ist und fachgerecht erfolgt.» 

Jede Fremdsprache ist immer auch Ausdruck der anderen Kultur. Wie erlebt Anestis Pasalidi dies in seinem Spitex-Alltag? «Wer in Griechenland lebt, würde niemals mit Strassenschuhen eine Wohnung betreten. Das bedeutet, dass wir Spitex-Mitarbeitende bei jedem Einsatz unsere blauen Überschuhe anziehen. Für manche Schweizerinnen oder Schweizer mag das ungewohnt sein, doch es ist notwendig: Denn in dieser Kultur gelten Strassenschuhe als ‹unrein›. Ab und zu leiste ich deshalb kulturelle Übersetzungsarbeit», sagt er und lacht. Falls möglich sieht er auch davon ab, Gläubige während der Gebetszeiten zu besuchen. «Viele Frauen aus dem Nahen Osten wollen nicht, dass ich als Mann sie wasche. Das akzeptiere ich natürlich.» Dafür nähmen die Kundinnen auch in Kauf, dass es mit den Arbeitskolleginnen von Anestis Pasalidi keine gemeinsame Sprache gibt. «Dann spielt der kulturelle Hintergrund eine grössere Rolle als die Sprachkenntnisse.» 

Anestis Pasalidi ist seit zwölf Jahren bei Spitex Zürich. Seit fünf Jahren bringt er als Berufsbildner jungen Nachwuchskräften das pflegerische Handwerk bei – und thematisiert mit den Auszubildenden ihre Haltung gegenüber anderen Kulturen. «Ich mag meine Arbeit. Die Begleitung der jungen Menschen empfinde ich als Bereicherung. Ich kann viel von ihnen lernen. Und ich kann bei Spitex Zürich täglich meine Sprachkenntnisse anwenden!»