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Pilotprojekt erfolgreich beendet

16 Monate lief das Pilotprojekt Home Tele Care, bei dem Spitex Zürich und santé24 eng zusammen arbeiteten, um Patientinnen und Patienten in der Stadt Zürich eine neue, innovative Art der medizinischen Versorgung anzubieten. Im Interview erzählen Christine Reichart, Pflegeexpertin APN bei Spitex Zürich, und Katharina Müller, Ärztin bei santé24, über Höhen und Tiefen des Projekts.

Im Frühjahr 2022 starteten santé24, der Telemedizinanbieter von SWICA, und Spitex Zürich das Pilotprojekt Home Tele Care (HTC): Wenn die medizinischen Voraussetzungen gegeben waren, erhielten die Patientinnen und Patienten das Angebot, dass sie eine Pflegeexpertin APN (Advanced Practice Nurse) von Spitex Zürich zu Hause besucht. Diese wiederum war mit den telemedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten von santé24 verbunden. Im Sommer 2023 wurde der Pilot beendet. Christine Reichart, Pflegeexpertin APN bei Spitex Zürich, und Katharina Müller, Ärztin bei santé24, haben sich mit viel Elan für das Projekt eingesetzt und dieses massgeblich mitgeprägt. Zusammen blicken sie im Interview auf das Erreichte zurück.

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Christine Katharina, was bleibt euch vom Pilotprojekt am besten in Erinnerung?

Christine: Die Zusammenarbeit mit telemedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten war eine sehr spannende und wertvolle Erfahrung. Wir haben gesehen, wie dieses Angebot die häusliche Grundversorgung stärken kann und wie wir als Pflegeexpertinnen APN dazu beitragen können. Ausserdem konnten wir während den Hausbesuchen unsere Fähigkeiten vertiefen, körperliche Untersuchungen durchführen und eine Situation medizinisch, pflegerisch und sozial einschätzen.

Katharina: Mir bleibt ebenfalls die gute und angenehme Kooperation positiv in Erinnerung: zwischen den Ärztinnen, Ärzten und Pflegeexpertinnen APN sowie auf organisatorischer Ebene mit der Projektleitung, der IT oder dem Rechtsdienst. Wir haben viel voneinander gelernt und alle Beteiligten haben tatkräftig angepackt.

Habt ihr euer Ziel erreicht?

Christine: Es gab verschiedene Ziele und viele davon haben wir erreicht. Vor allem haben wir gezeigt, dass die Zusammenarbeit von Pflegeexpertinnen APN und Telemedizinerinnen und -medizinern direkt bei der Patientin oder dem Patienten zu Hause möglich und digital machbar ist. Im stark regulierten Schweizer Gesundheitswesen ist das nicht selbstverständlich. Aber wir haben die notwendige Bewilligung von der Gesundheitsdirektion Zürich erhalten, einen gemeinsamen Vertrag erstellt und eine datenschutzkonforme, technische Umsetzung gefunden.

Katharina: Dabei haben wir den Patientinnen und Patienten eine qualitativ hochstehende, leitlinienkonforme medizinische Versorgung geboten: Wir haben sie zu Hause betreut, untersucht, wenn nötig Laborwerte gemessen, EKG geschrieben sowie beurteilt und damit eine adäquate Diagnostik angeboten und dann auch die nötige Therapie und Nachsorge eingeleitet. Man könnte dem fast schon ‚Hospital@Home‘ sagen. Trotz vielen Herausforderungen konnten wir das Projekt sehr professionell meistern.

Könnt ihr etwas zu diesen Herausforderungen sagen?

Katharina: Eine grosse Herausforderung war die Ressourcenplanung. Wir haben das Pilotprojekt neben unseren jeweiligen Kerngeschäften durchgeführt, was immer wieder zu einer hohen Belastung geführt hat. Erschwerend kam hinzu, dass beim Start die Covid-Pandemie noch in vollem Gange war, was – zusammen mit der nachfolgenden Krankheitswelle – ein sehr hohes Anrufvolumen bei santé24 auslöste. Ausserdem haben wir die Technik nicht optimiert. Das wäre für die Pilotphase zu aufwändig gewesen.

Christine: Uns ging es ähnlich. Eine Schwierigkeit war zum Beispiel das hohe Gewicht des Materials, das wir zur Patientin oder zum Patienten mitnahmen. Wir mussten immer einen Parkplatz sehr nahe an ihrem Wohnort finden. Wenn kein Treppenlift zur Verfügung stand, war es eine rechte Schlepperei oder schlicht unmöglich. Auch das hätte man für den Regelbetrieb lösen können, aber dafür hätten wir mehr Finanzen und Routine gebraucht.

Welche Ziele habt ihr nicht erreicht?

Christine: Leider hatten wir zu wenig Fälle. Durch die geringe Patientenzahl konnte sich keine Routine im Umgang mit der Technik und keine eingespielte Zusammenarbeit entwickeln und es blieben verschiedene Fragen offen: Für welche Patientengruppe eignet sich das Angebot ideal? Welche Rolle können die Pflegeexpertinnen APN als Berufsgruppe einnehmen und wie kann ihre Expertise optimal eingesetzt werden? Auch die Frage nach Finanzierungsmöglichkeiten über das Pilotprojekt hinaus bleibt unbeantwortet.

Was waren die Gründe für die geringe Patientenzahl?

Christine: Es ist möglich, dass für die Teilnehmenden, welche sich in einer ganz anderen Erwartung an santé24 gewandt hatten, das Angebot sehr überraschend kam, und ein Hausbesuch teils als invasiv wahrgenommen wurde. Das hat allenfalls für Ablehnung gesorgt, zumal es in der Stadt Zürich mit Permanencepraxen und Notfallmöglichkeiten viele Versorgungsalternativen gibt. Ebenso ist Telemedizin noch zu wenig bekannt, vor allem bei der älteren Bevölkerung.

Katharina: Ausserdem gehen wir davon aus, dass aufgrund der vorhin beschriebenen Ressourcenlage nicht immer einen Hausbesuch angeboten wurde, auch wenn das möglich gewesen wäre.

Wie geht es nun weiter?

Katharina: Wir müssen die Lehren, die wir aus der Pilotphase gezogen haben, evaluieren und uns überlegen, ob und wie wir das Angebot verbessern können und ob es sich überhaupt lohnt. In der Stadt Zürich, wo es ein sehr grosses medizinisches Angebot gibt, ist HTC vielleicht gar kein Bedürfnis. Das könnte in weniger gut versorgten Regionen anders sein.

Christine: Eventuell könnte man das Angebot auch für Personen mit chronischen Erkrankungen aufbauen. Für den Moment haben wir HTC jedoch eingestellt, um uns diese Gedanken zu machen.

 

Verfasst von SWICA, Gioia Wetter