Jährlich erreichen die Ombudsstelle der Stadt Zürich rund 1500 Anfragen. Weniger als zehn betreffen Spitex Zürich. Als unabhängige Instanz vermittelt Dr. iur. Pierre Heusser, Ombudsmann der Stadt Zürich mit langjähriger Erfahrung als Rechtsanwalt, prüft Vorgänge objektiv und setzt auf einen deeskalierenden Ansatz. Kundinnen und Kunden, Angehörige und Mitarbeitende der Spitex Zürich können sich kostenlos melden, wenn es zu Konflikten oder Missverständnissen kommt. Im Interview gibt er Einblick in seinen Beruf.
Wie kommt man zum Job Ombudsmann?
Als parlamentarischer Ombudsmann wurde ich vom Gemeinderat Zürich, dem Stadtparlament gewählt. Meine Ausbildung als Rechtsanwalt ist ein Vorteil, weil ich häufig prüfen muss, ob die Verwaltung bzw. hier Spitex Zürich, korrekt gehandelt hat. Nach 20 Jahren mit eigener Anwaltskanzlei fiel es mir immer schwerer, so zu tun, als wäre die Welt schwarz-weiss, als hätten meine Klientinnen, meine Klienten immer recht und die anderen immer unrecht. Wie wir alle wissen, sind bei Konflikten meistens beide Seiten etwas im Recht und etwas im Unrecht. Als Ombudsmann suche ich nach den Zwischentönen und nach einer Lösung, die für beide Seiten akzeptabel ist.

Wie stellen Sie sicher, dass Sie neutral und unparteiisch bleiben?
Seien wir ehrlich: Hundertprozentig neutral und unparteiisch kann kein Mensch sein. Wir haben alle unsere Wertehaltung und unsere Prägungen. Ich versuche so unabhängig wie möglich zu sein, indem ich zuerst immer beide Seiten anhöre und beide Seiten ernst nehme, selbst wenn sie mir die Situation völlig unterschiedlich schildern. Häufig stehen am Anfang eines Konflikts Kommunikationsprobleme, die zu einer Distanzierung oder einem Vertrauensbruch geführt haben. Hier versuche ich, bei jeder Seite Verständnis für das Verhalten der Gegenseite zu wecken.
Wie viele Meldungen erhalten Sie jährlich?
Mein Team und ich erhalten in etwa 1500 Anfragen pro Jahr. Davon sind ca. 500 bis 600 aufwendigere Geschäfte, bei denen eine Auskunft nicht ausreicht, sondern wo wir vertieftere Abklärungen vornehmen und Gespräche mit beiden Seiten führen müssen.
Wie viele davon betreffen die Spitex Zürich?
Es war nur eine einstellige Anzahl. Vermutlich liegt dies nicht daran, dass es bei der Spitex Zürich praktisch keine Probleme und Konflikte gibt, sondern eher daran, dass die Ombudsstelle innerhalb der Spitex Zürich noch wenig bekannt ist. Für die Gesundheitsbranche allgemein hatten wir im Jahr 2023 rund 220 Meldungen.
Gibt es eine Anfrage, die Ihnen besonders in Erinnerung blieb?
Die Angehörige eines Kunden beschwerte sich darüber, dass Spitex Zürich die Betreuungsleistungen einseitig eingestellt hatte. Als wir erfuhren, was sich dieser Kunde alles erlaubt hat, haben wir im Gegenteil eher gestaunt, dass Spitex Zürich ihre Leistungen nicht schon früher eingestellt hatte.
Finden Sie immer eine Lösung, die für alle Parteien stimmt?
Nein. Aber wir erreichen es doch in ca. acht von zehn Fällen, dass eine Klärung erfolgt oder dass eine Lösung erreicht wird, die für beide Seiten akzeptabel ist. Und im Vergleich zu einem Gang zum Gericht oder zu den Medien ist die Arbeit der Ombudsstelle schnell, kostenlos und deeskalierend.
Wer kann sich wie an Sie wenden?
Alle Kundinnen und Kunden von Spitex Zürich, deren Angehörige, aber auch Mitarbeitende, die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz haben. In der Regel erwarten wir von den Ratsuchenden, dass diese zuerst versuchen, ihr Anliegen direkt und intern bei Spitex Zürich vorzubringen. Wenn das nicht ausreicht, dann können sie sich an den unabhängigen Ombudsmann und sein Team wenden. Bei der Ombudsstelle kann man ohne Termin vorbeikommen, anrufen oder ein E-Mail schreiben. Wir nehmen auch anonyme Whistleblowing-Meldungen entgegen. Die Leistungen der Ombudsstelle sind für alle Beteiligten kostenlos. Missstände melden - Stadt Zürich.